confront-Workshop zur Zeugenvernehmung im Seehaus in Seeshaupt
am 26. – 27.05.2017 mit Dr. Bernd Wagner – Eine Nachlese
Dr. Florian Eder, LL.M., Rechtsanwalt, Freilassing
Der Workshop „Zeugenvernehmung“ fand an zwei herrlichen sommerlichen Tagen im Seehaus der RAK München statt und bot – selbst dem erfahrenen Vernehmungsprofi –umfassende und weitergehende Einblicke rund um das Thema der Vernehmungstechnik.
Als Vortragender konnte mit dem Kollegen Dr. Bernd Wagner nicht nur eine sehr versierte, sondern auch ein didaktisch herausragende Persönlichkeit gewonnen werden.
Auch für das leibliche Wohl war an den vorzüglichen Grillabenden gesorgt.
Am ersten Tag der Fortbildung wurde die Vernehmungstechnik näher dargestellt, indem Vernehmungsziele und -konzepte samt bestimmten Vernehmungssituationen wie auch Fragetechniken geschult wurden.
Die Theorie wurde mit sehr vielen Beispielen bzw. konkreten Situationen, auch unter reger Beteiligung der Teilnehmer, erarbeitet.
Ein Zwischenhöhepunkt bildete die ad hoc Vernehmung eines Teilnehmers, der durch den Vortragenden Dr. Wagner „vernommen“ wurde. Dieser wurde derart in eine provozierte Rechtfertigungssituation gebracht, dass man fast versucht war, dem vernommenen Kollegen einen Zeugenbeistand bestellen zu wollen.
Dieses Beispiel führte sehr eindrucksvoll vor Augen, wie man durch die Schaffung eines „Dilemmas“ quasi jede Person diskreditieren oder gar manipulieren kann.
Diese sehr anschauliche Darstellung psychologischer Wirkweisen bildete den Anknüpfungspunkt der vertieften Auseinandersetzung mit der in der Hauptverhandlung stattfindenden Befragung von Zeugen.
In diesem Zuge wurde auch die prozessuale Seite der Befragung und der Abwehr von Behinderungen anhand der StPO, Rechtsprechung und Literatur erarbeitet, wobei auch der Umgang mit einem schwierigen Gericht (Stichwort: „Breitlings Notfallkoffer“) erläutert wurde.
Der zweite Tag legte das Augenmerk nun auf bestimmte Fallkonstellationen, insbesondere auch die Herausarbeitung – oftmals unerkannter, weil nur beiläufiger – Fehler in Vernehmungsprotokollen und deren verteidigungstaktische Transferierung in die Hauptverhandlung.
Das Aufzeigen von Banalitäten in den Ermittlungsakten eröffnet teilweise entscheidende Anknüpfungspunkte, um etwaige Einlassungen durch geschickte Befragung der Vernehmungsperson zu pulverisieren oder gar Verwertungsverbote aufzuzeigen.
Gerade in diesem Zusammenhang ist nicht nur bei der (verdeckten) Befragung des polizeilichen Zeugen unter Einsatzes bestimmter Fragetechniken mit Bedacht vorzugehen, sondern ebenso den richtigen Zeitpunkt des „Todesstoßes“ abzupassen (Erklärung nach § 257 Abs. 2 StPO).
Das Seminar wurde ferner durch sehr umfangreiche Unterlagen zur Vor- und Nachbereitung abgerundet, wenngleich ein paar „Highlights“ der Tipps & Tricks nur den Teilnehmern mündlich zugänglich gemacht wurden, um den einen oder anderen Verfahrensbeteiligten in einer Hauptverhandlung noch „überraschen“ zu können. Schlussendlich saß man hier mitnichten nur die 15 FAO-Stunden ab, sondern erlebte und erlernte aktive Verteidigung i.R.d. Zeugenvernehmung – und das auch noch zu einem äußerst günstigen Seminarpreis.
Fazit: Rund-um-Sorglospaket mit Suchtgefahr!
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